Funk- und Radiostörungen durch LED-Lampen

Unsichtbare Umweltverschmutzung scheint kein Thema“

Rundfunkhörer und Funkamateure entsetzt über aktuelles Vorgehen der Regierung

Momentan dreht sich in Deutschland alles um saubere Luft. Doch was ist mit der elektromagnetischen Verschmutzung der Umwelt, die man nicht sofort riecht oder sieht?“, fragt Christian Entsfellner. Der Funkamateur ist im DARC-Vorstand tätig und kennt sich aus mit der aktuellen Gesetzeslage, die ihm große Sorgen bereitet. „Nach Analyse des neuen Gesetzes über die Elektromagnetische Verträglichkeit stellen wir mit Entsetzen fest, dass trotz der Einwände und Stellungnahmen unserer Experten sowie einer Petition und mahnender Briefe hochrangiger Wissenschaftler seitens der Regierung keine klaren Regeln zur Sicherstellung eines EU-richtlinienkonformen Funkschutzes in das Gesetz eingeflossen sind. Die fortschreitende elektromagnetische Umweltverschmutzung, u.a. auch durch nicht EMV-konforme LED-Lampen, ist zwar nicht sichtbar, aber insbesondere für Radiohörer und Funkamateure deutlich hörbar“, formuliert er zu Recht empört.

Die Funkamateure machen sich schon seit Jahren Sorgen um die funktechnische Nutzbarkeit der elektromagnetischen Umwelt. Nicht nur der Amateurfunkdienst ist bedroht, auch andere funkbasierte Systeme sind betroffen. So entsprechen die Auswirkungen auf den Radioempfang beispielsweise keinesfalls dem Stand der Technik.

Auch der Bayerische Rundfunk kritisiert auf seiner technischen Webseite die zunehmend gestörten DAB+ Aussendungen. Dort heißt es „LED-Lampen sind stromsparende Lichtquellen und finden daher immer breitere Anwendung. Sie sind jedoch häufig auch die Ursache von Funkstörungen, unter anderem bei DAB+ -Programmen. Die EBU (European Broadcasting Union) hat sich dieser Thematik angenommen.“ Quelle: http://www.br.de/unternehmen/inhalt/technik/emv-normung-led-leuchtmittel-100.html.

In vielen Ballungszentren sind DAB+ Radioprogramme oft gar nicht oder nur noch mit häufigen Unterbrechungen zu empfangen. Eine zunehmende Zahl von Autokäufern, die sich auf ein angeblich rauschfreies DAB+ Radio freuen, machen zu Unrecht die KFZ- bzw. Radiohersteller dafür verantwortlich, wenn vor neuen, LED-bestückten Verkehrsampeln oder elektronischen Werbetafeln unverhoffte Empfangsaussetzer die laufende Nachrichtensendung unterbrechen.
Die Ursache liegt aber in der unzureichenden Umsetzung der EU-Richtlinie (2014/30/EU) in dem Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (EMVG).

So schrieb Bundesminister Gabriel während des Gesetzgebungsverfahrens an verschiedene Abgeordnete: „Seit der letzten EMVG-Novelle hat sich der Rundfunkempfangsweg noch weiter weg vom terrestrischen Empfang in Richtung Kabel und IP-TV bewegt; die Kurzwelle wird in Europa kaum noch genutzt. Verschärfte Vorschriften zum Schutz des terrestrischen Rundfunkempfangs sind daher nicht sachgerecht.“

Dieses Gesetz, welches von den Regierungsparteien unter Ablehnung einer neutralen Expertenanhörung im Ausschuss für Wirtschaft und Energie beraten wurde, schafft keinen Funkschutz für alle international anerkannten Funkdienste, obwohl genau diese Funkdienste nach Maßgabe des Erwägungsgrundes 4 der Richtlinie 2014/30/EU (EU-EMV-Richtlinie), als rechtliche Basis zur nationalen EMVG-Novellierung, vorrangig gegen elektromagnetische Störungen zu schützen sind:

(4) Die Mitgliedstaaten sollten gewährleisten, dass Funkdienstnetze, einschließlich Rundfunkempfang und Amateurfunkdienst, die gemäß der Vollzugsordnung für den Funkdienst der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) betrieben werden, Stromversorgungs- und Telekommunikationsnetze sowie die an diese Netze angeschlossene Geräte gegen elektromagnetische Störungen geschützt werden.“

Dieser Alleingang der Bundesrepublik Deutschland im Bereich des Funkschutzes, durch das neue EMVG, eröffnet der Bundesnetzagentur (BNetzA) die Möglichkeit, beim Vorliegen rechtswidriger elektromagnetischer Störungen untätig zu bleiben. Damit verletzt die Bundesrepublik Deutschland internationales Recht, denn sie hat zwar die Radio-Regulations, die für alle Mitgliedsstaaten der Internationalen Fernmeldeunion verbindlich sind (vergleiche Artikel 4 Nr. 3 der ITU-Konstitution und Konvention), unterzeichnet und ratifiziert, beachtet jedoch viele der grundlegenden Forderungen dieser Regeln lediglich nach Gutdünken.

In der Richtlinie 2014/30/EU sind alle Funkdienste gemäß den Grundlegenden Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit gleichwertig vor nicht konformen Betriebsmitteln zu schützen. Erst der deutsche Gesetzgeber hat Abstufungen definiert und für den Rundfunk und Amateurfunkdienst Benachteiligungen eingeführt, die es der ausführenden Behörde erlauben, in Störungsfällen betroffene Rundfunkhörer und Funkamateure mit geringem Erfüllungsaufwand abzuweisen!

Die Umsetzung dieses Gesetzesinhaltes bedeutet letztlich auch für alle Bürger der Bundesrepublik Deutschland den Verlust des richtlinienkonformen nationalen- und internationalen Radioempfangs und damit den Verlust der Informationsfreiheit unmittelbar von den Quellen! Radiosender, insbesondere in totalitären Staaten mit Internetzensur, geben dort der Opposition eine Stimme. Für sie gibt es oft keine anderen Ausbreitungswege als das Medium Rundfunk.

„Normalbürger“, sprich alle Radiohörer sowie Fernsehzuschauer, haben ebenso wie wir Funkamateure das Nachsehen und müssen sich künftig weiter mit den bereits praktizierten, rechtlich unbestimmten Verhältnismäßigkeitsabwägungen der BNetzA bei der Störungsbearbeitung zufriedengeben. Soll heißen: Die „Interessen“ beim Betrieb von störenden Betriebsmitteln, darunter PLC-Abstrahlungen, LED-Lampen oder Schaltnetzteile, werden gegen die Verpflichtung zur vorrangigen Anwendung der Grundlegenden Anforderungen zu Unrecht einseitig abgewogen. Die Lobby elektromagnetischer Störungsoszillatoren (Einsparung von Bauteilen zur Entstörung in Leuchten und Schaltnetzteilen zur unlauteren Kostenreduzierung) dürfte indes voll zufrieden sein, dass es Herrn Gabriel im EMVG durch Bundestagsbeschluss, entgegen allem Widerstand gelungen ist, die Bundesnetzagentur von unserer elektromagnetischen Umgebung so lange fernzuhalten, bis endlich ganze öffentliche Telekommunikationsnetze ausfallen, Leib und Leben- oder höhere Sachwerte betroffen sind (§ 27 und § 28 EMVG).

„Damit hat die Politik vor einer immer weiter um sich greifenden Verschmutzung unserer elektromagnetischen Umgebung kapituliert. Anstatt endlich EU-richtlinienkonform durchzugreifen, weicht man das Gesetz weiter auf. Die naturgegebene Ressource einer weltweiten drahtlosen Kommunikation wird per Gesetz für elektromagnetische Störungen freigegeben“, so Entsfellner und führt weiter an: „Die Formulierungen in den Schreiben von Herrn Sigmar Gabriel an MdB zur EMVG-Novellierung im Jahre 2016, mit denen er zum Ausdruck bringt, dass es keinen Rechtsanspruch auf ungestörten Rundfunkempfang gebe, weil ja auch Rundfunksender im Internet zur Verfügung ständen, machen sehr nachdenklich. Diese massive Einschränkung der Informationsübermittlung von der Quelle verstößt gegen Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Artikel 5 unseres Grundgesetzes!“

Der Deutsche Amateur Radio Club e.V., Mitglied im Runden Tisch Amateurfunk (RTA), fordert von der Bundesregierung und der Exekutive (BNetzA):

  • ein klares und EU-richtlinienkonformes Bekenntnis zu einer für alle Funkdienste nutzbaren elektromagnetischen Umgebung gemäß den grundlegenden Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln (§4, Ziff. 2 EMVG)
  • Verstöße gegen die Grundlegenden Anforderungen an die Elektromagnetische Verträglichkeit zu verfolgen, und nicht EMVG-konforme Produkte unverzüglich aus dem Verkehr zu ziehen.
  • Die Strafen für nicht konforme Produkte spürbar zu erhöhen und dem Importeur aufzuerlegen.
  • Nichtkooperative Betreiber elektromagnetischer Störungsquellen durch Zwangsgelder zur Mitarbeit und Stilllegung des betreffenden Betriebsmittels zu veranlassen.
  • Die BNetzA „kann“ zwar gemäß § 27 EMVG bei Funkstörungen tätig werden, muss es aber nicht. Die in § 27 EMVG enthaltenen Formulierungen sind Kriterien zur rein subjektiven Abwägung. Diese sind für die Exekutive (BNetzA) mit klarem Beauftragungscharakter zur Klärung und Beseitigung elektromagnetischer Störungen zweifelsfrei zu formulieren.
  • Die Arbeitsanweisung des Prüf- und Messdienstes der BNetzA muss deutlich regeln, dass die Grundrechte der Bürger (GG § 5 und EU-Grundrechte Charta § 11) entsprechend dem Stand der Technik zu schützen sind!

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