Bildschirme von PC und Notebook stören die Melatonin-Bildung

Zehn Minuten im Licht der Badezimmerlampe reichen aus, um die Produktion des Schlafhormons Melatonin zu stören, wie Studien zeigen. Forscher vermuten, dass Bidlschirmlicht ähnlich wirkt. Wer also gut schlafen will, sollte abends auf die Arbeit am Computer verzichten.

E-Mails schreiben, auf Facebook tratschen oder im Netz einkaufen: Es gibt viele gute Gründe, um abends vor dem Rechner zu sitzen. Doch wer kurz vor dem Schlafengehen auf helle PC- oder Notebook-Displays starrt, schläft wahrscheinlich schlechter. Denn das Licht der Geräte bringt die innere Uhr des Menschen gewaltig aus dem Takt, wie verschiedene Untersuchungen vermuten lassen.
Schon zehn Minuten normaler Badezimmerbeleuchtung reichen aus, um die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin zu stören. Dies zeigen Studien der Arbeitsgemeinschaft (AG) Schlafforschung an der Charité Berlin. Das Hormon regelt den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen und macht ihn bei Einbruch der Dunkelheit müde. Die Ergebnisse der Versuche lassen vermuten, dass helle PC-Bildschirme den natürlichen Rhythmus ebenfalls aus dem Gleichgewicht bringen.
„Auch wenn das noch nicht durch diese Studien bewiesen ist“, schränkt Dieter Kunz ein, der Chefarzt der Abteilung für Schlafmedizin an der Psychiatrischen Universitätsklinik der Charité im St. Hedwig-Krankenhaus ist und die AG leitet.
Eine britische und eine US-amerikanische Arbeitsgruppe wiesen bereits vor zehn Jahren ein Fotopigment im Auge des Menschen nach. Dieses signalisiert dem Körper, ob es Tag oder Nacht, Sommer oder Winter ist. Es reagiert insbesondere auf blaues Licht. „Das blaue Licht zeigt dem Körper quasi ‚Es ist Tag, sei wach'“, erklärt Charité-Forscher Kunz. Bildschirme haben hauptsächlich einen kalt-weißen Lichtanteil, und die Forscher vermuten, dass das Fotopigment hier in ähnlicher Weise reagieren könnte. Der Mensch werde also immer wacher, je länger er in das helle Licht schaut, und schlafe dann schlechter.
Auch Schlafforscher Prof. Jürgen Zulley vom Schlafmedizinischen Zentrum des Universitätsklinikums Regensburg warnt vor Bildschirmarbeit zu später Stunde. Jede Beschäftigung am Abend aktiviere den menschlichen Körper. „Arbeiten und daddeln am Computer ist aber besonders negativ für den Schlaf, weil man so konzentriert und nah am hellen Bildschirm sitzt“, erklärt der Experte. Vor allem Kinder sollten zu fortgeschrittener Uhrzeit besser nicht mehr am Rechner hocken.
Und was, wenn Kinder und Erwachsene nicht auf den Computer, sondern ins TV starren? „Fernsehgeräte haben wahrscheinlich einen geringeren negativen Einfluss“, erklärt Dieter Kunz. Das Gerät stehe weiter weg, und die Lichtquelle ist nicht so grell wie ein PC-Schirm. Das sieht auch Schlafforscher Zulley so. Dennoch rät er abends eher zum Lesen eines Buches. „Wenn ich dazu keine Lust habe, höre ich alternativ leise Musik – Hauptsache Körper und Geist kommen zur Ruhe.“ Der Fernsehmarathon am Abend mache hingegen unruhig und wach. Gerade das allabendliche „Runterkommen“ fällt vielen Menschen schwer. Jede zweite Frau und jeder vierte Mann in Deutschland schläft schlecht, ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse. Die Umweltreize durch elektronische Geräte sind dafür aber nur eine mögliche Erklärung. Die Betroffenen fühlen sich nach eigenen Angaben vor allem durch beruflichen Stress oder private und gesundheitliche Sorgen um ihre Nachtruhe gebracht.
Fast zwei Drittel würden für mehr Schlaf auf die TV-Berieselung verzichten. Vier von zehn Befragten wollen das Surfen im Internet oder Computerspielen sein lassen. Die guten Vorsätze setzt jedoch kaum jemand in die Tat um, lautet ein Umfrageergebnis.
Wer abends nicht ohne seinen Rechner auskommt, sollte falls möglich den Blauanteil an seinem Bildschirm runterstellen und die Helligkeit etwas dimmen, empfiehlt Schlafforscher Kunz. „Das macht nur keiner, weil man sich bei der Arbeit am PC ja konzentrieren möchte – und dabei hilft das Licht unserem Gehirn.“